Montag, 27. Oktober 2008

Meine/Unsere Wohnung:

Das Haus hat vier Etagen, keinen Aufzug und eine Wohnung für ASF-Freiwillige im vierten Stock. Doch das geht besser, als sich das jemand wie ich, der die meiste Zeit seines Lebens in einem Einfamilienhaus wohnte, indem der Weg in den Keller schon als eine Strecke angesehen wurde, vorzustellen pflegt. Oben angekommen die halb linke Tür sind wir. Emilie, Marco, Teo und meine Wenigkeit. Wenn man reinkommt, erstreckt sich auf der linken Seite die Küchenzeile, die sich in den Wäschebereich, bzw. wenn Besuch da ist den Besucherbereich, fortsetzt. Die Küche ist nur durch einen Bogen vom Ess-und Wohnzimmer getrennt, was ein Raum ist. Der Esstisch links und der Wohnzimmertisch mit Couches und Nagila (örtliche Bezeichnung für Wasserpfeife) rechts. Kommt man aus der Küche und läuft durch den Wohnbereich geradeaus weiter, so kommt Teos Zimmer. Geht man aber links, so betritt man einen L-förmigen Flur, den Ihr Euch jetzt nicht zu groß vorstellen dürft. Links Markos Zimmer, geradeaus Das Badezimmer rechts Emilies Zimmer und rechts, rechts meins. Ich betrete mein Zimmer und stehe in einer Ecke. Links Nachttisch und Bett, geradeaus Schrank. Und den dürft Ihr Euch jetzt mal groß vorstellen. So groß, dass es quasi Keller und Dachboden der WG zugleich ist. Allmöglichen Krams, den wir nirgens unterbekommen, landet in ihm. Das führt zu einer Sammlung von Klopapiervorrat, Strandspielzeug der Vorgänger, Bettzeug, Nagila-Ersatzteilen und schließlich dann auch noch meinen wenigen Anziehsachen. Neben seiner Größe ist seine wichtigste Eigenschaft seine Hässlichkeit, was mich wahrscheinlich dazu bringen wird, einen Vorhang aufzuhängen, um ihn zu verstecken. Mal sehen, ob ich das auch in die Tat umsetze. An der gegenüberliegenden, anderen kurzen Wand, ist das Fenster. Unter ihm links die Kopfseite meines Bettes, rechts in der Ecke der Schreibtisch. (Alle farbigen und auffallend schön weißen Elemente an den Wänden sind selbstverständlich von uns gemalert.)
In der WG herrscht bis jetzt gute Stimmung. Wir verstehen uns und es gab bis dato wenig Spannungen. Ich bin gespannt ob unser System einer recht umfangreichen Haushaltskasse, aus der fast alle Lebensmittel bezahlt werden, aufgeht oder ob es doch zu einer von mir gehassten Einzelversorgung kommt, in der jeder ein Kühlschrankfach für sich hat und das Gemeinschaftsgut aus Nudeln und Reis besteht. Durch die gemeinsamen Lebensmittel kochen wir auch recht oft zusammen. Spül-Plan? Bis jetzt nicht. Jeder der kocht, muss schon mal nicht abwaschen und das bin nicht selten ich. Ansonsten haben wir nur zwei Putzaktionen. Den Boden wischen und das Bad putzen. Und da haben wir dann auch einen Plan. Ich bin also gespannt ob das sehr regelarme Leben weiter so klappt. Wäre natürlich schön und vor allem entspannt. 

Was auch super ist, dass wir genug Platz für Besuch haben...also wen das jetzt ansprechen sollte: "Komm ruhig vorbei!"

Photos: Mein Zimmer




Photos: Wohnung






Wohngegend

Ich wohne in Talpiyot. Das liegt im Süden Jerusalems und ist eine vielseitige Gegend. Neben den ruhigen Straßen, wie der Bet Lehem Road, in der ich wohne, wird die Umgebung hier von Kleinindustrie und in seinem Westen auch von zahlreichen Einkaufsmöglichkeiten geprägt. Was mich zunächst wunderte, war, dass in der Bet Lehem Road viele dunkelhäutige Menschen Wohnen. Erst dachte ich an äthiopische Christen, die mir aus der Altstadt bekannt waren, doch tragen die meisten Männer unter ihnen eine Kippa. Wo Auf der Arbeit habe ich nachgefragt und herausgefunden, dass es ebenfalls Juden aus Äthiopien gibt. Sie sind jedenfalls sehr nett und grüßen fleißig auf der Straße. Auch haben sie mich für Freitag auf den Fußballplatz eingeladen, der auch auf einem Bild zu sehen ist.
Zum großen und günstigsten Supermarkt und meiner daneben liegenden Schule läuft man im normalen Tempo knappe 20 min. Morgens zur Schule also meistens etwas schneller. Morgen werde ich zum ersten Mal mit dem Auto mitgenommen. Mal sehen ob das überhaupt was bringt. Die Zugangsstraße zur Schule ist nämlich klein und neben der Schule für Jugendliche mit Behinderung, sind auch noch zwei andere Schulen und somit morgens viele Eltern, Busse und für viele meiner Schüler Taxis, die eine schnelle Anfahrt unmöglich machen. Mittags ist das Verkehrschaos ein wunderbar zu beobachtendes Spiel. Wenn ich morgen also mitgenommen werde, werde ich den Rückweg trotzdem zu Fuß antreten. Alles andere dauert nämlich länger. Israelis lassen ihrem Temperament auf der Straße freie Hand. Sie hupen, schimpfen und drängeln was das Zeug hält und verlieren nicht selten die Nerven, wenn die Stadt mal wieder verstopft ist.  
Das ASF-Büro und das angeschlossene Gästehaus sind auch in der Nähe. In eine andere Richtung dauert der Weg dorthin auch etwa 20 Minuten. Auch Frau Geiger, eine der älteren Damen, die ich besuche, lebt dort. In die Altstadt braucht man zu Fuß 45 Minuten und die Innenstadt je nach Busangebot zwischen einer 20 und 45 min. 
Ich bin sehr zufrieden mit der Lage der Wohnung. Sie ermöglicht mir kurze Strecken zur Arbeit und zu den wichtigsten Besorgungen und ist zudem schön ruhig. Der Weg in die Innen- und Altstadt ist leicht ertragbar. 

Photos: Wohngegend














Samstag, 11. Oktober 2008

Mal wieder was von mir...!

Nun finde ich mal wieder ein paar Minuten um was zu schreiben. Das sagt eigentlich schon alles. Es ist nicht wirklich Stress aber viel zu tun ist auf jeden Fall. Die Arbeit strengt sehr an, weil es nicht zu letzt sehr viel Konzentration erfordert, trotz der Sprachbarriere mit den Schülern mit Behinderung zu kommunizieren. Am ersten Tag war es sehr, sehr schwer, doch Tag für Tag merkt man sich wer gerne über welches Thema redet. Und wenn man das weiß, dann klappt es schon viel besser. Oft stellen sie täglich die selben Fragen und sind auch jedesmal mit den selben Antworten zufrieden. So kann man step by step die Gespräche erweitern, sofern das mit dem bestimmten Schüler möglich ist. Die Mitarbeiter sind supernett… wenn auch manchmal ein bisschen faul oder ängstlich sich der englischen Sprache zu bedienen. Aber das tut meinem Hebräisch vielleicht auch gar nicht so ungut, wenn ich mich ein bisschen mit ihm durchbeißen muss. Meine älteren Damen, Frau Geiger und Frau Krauss, die ich regelmäßig besuche habe ich noch nicht vollständig kennengelernt. Heißt: Frau Geiger schon, Frau Krauss nicht. Dieser Teil meiner Woche wird mir auf jeden Fall großen Spaß bereiten. Frau Geiger ist eine 94-jährige Powerfrau! Also wenn ich mal so alt werden sollte, kann ich mir nur wünschen, noch so fit zu sein. Bei ihr wird meine Hauptaufgabe das Vorlesen sein. Frau Geiger Kann nur unter großer Anstrengung selber lesen und das tut sie meistens schon morgens bei der Zeitung. Eine sehr interessante Aufgabe. Gelesen werden viele Briefe, alte wie neue, Bücher über Israel und englische Romane. Selten ist da wohl ein Buch in der deutschen Sprache dabei. Fast nur englisch. Tut also auch meinem Englisch gut. Reden tun wir untereinander auf Deutsch. Wenn ihr ein Wort nicht einfällt, bedient sie sich dem Englischen, welches durch ihr Leserepertoire stärker ist als ihr Deutsch, obwohl sie bis zu ihrem 18 Lebensjahr in Berlin lebte. Soviel zu Frau Geiger. Auf Frau Krauss darf ich weiterhin gespannt sein. Wahrscheinlich und so hoffe ich auch, kommt es Dienstag zu einem ersten Treffen mit ihr. Wohnen tue ich jetzt in einer WG. Beit Lehem Road (oder Bethlehemstraße) 135 in Jerusalem (Talpyot). Eine vierer WG mit Emilie Körber, Marco Murch und Teo Klug. Die Wohnung und Konstellation ist bis jetzt super. Wir haben schon ein bisschen gestrichen und Kleinigkeiten in der Wohnung repariert, was sie noch schöner macht, als sie eh schon ist :D . Mein Zimmer ist nahezu schon fertig eingerichtet. Habe mir auf dem Arabischen Markt in der Altstadt einen Wandteppich gekauft, der die anfangs sehr kalt und steril wirkenden Wände zumindest Teilweise wohnlicher werden lässt. Und für den Rest werde ich die auf Grund von Sukot (Laubhüttenfest) entstehenden freien Tage nutzen, um zu streichen. Ich hoffe dass bei Euch auch alles in Ordnung ist und verabschiede mich hiermit.

Werde mich schon bald wieder mit Photos von Arbeit Wohnung und Mitbewohnern melden.

Bis dann
Euer Julius